Studie von OutSystems Kann Low-Code die Multi-Cloud retten?

Von Dr. Dietmar Müller

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Die Cloud-Strategien von Unternehmen werden immer konkreter, zunehmend rückt die hybride Multi-Cloud ins Zentrum der Überlegungen. Zur Umsetzung solcher Strategien fehlt aber weltweit das Fachpersonal. Low-Code-Programmierung scheint der Ausweg, aber auch hier gibt es viel Nachholbedarf.

Low-Code-Programmierung scheint eine Antwort auf den Fachkräftemangel zu sein, aber es gibt viel Nachholbedarf.
Low-Code-Programmierung scheint eine Antwort auf den Fachkräftemangel zu sein, aber es gibt viel Nachholbedarf.
(Bild: gemeinfrei, iAmMrRob / Pixabay)

Egal in welche Statistik man guckt: Die Cloud-Nutzung legt weiter zu. Der jüngste „State of the Cloud Report“ von Flexera etwa belegt, dass selbst im Mittelstand die Cloud-Nutzung auf über 50 Prozent gewachsen ist, Tendenz weiter steigend. 80 Prozent der befragten Unternehmen setzen aktuell Public und Private Clouds parallel ein, was die bekannte Hybrid Cloud ergibt. Die häufigste Kombination ist jedoch ein Mix aus mehreren Public und Private Clouds: 89 Prozent der Unternehmen setzen auf eine Multi-Cloud-Strategie und greifen beim Cloud Computing auf mehr als einen Anbieter zurück.

Das deckt sich mit neusten Ergebnissen aus dem Report „Cloud-Native Development: Ready or Not? What IT Executives and Developers Say” von OutSystems, für den das Marktforschungsunternehmen Lucid mehr als 500 IT-Führungskräfte und Entwickler weltweit befragt hat. Exklusiv liegt CloudComputing-Insider gerade die Auswertung der Frage „Wie verteilen sich die Workloads Ihres Unternehmens heute, Anfang 2022, auf Public Cloud, Private Cloud und On-Prem? Und wie werden sie Ende 2023, in 2 Jahren, verteilt sein?“ vor.

Sie zeigt uns, dass speziell die Finanzbranche derzeit noch immer stark auf On-Prem setzt, in den nächsten zwei Jahren jedoch zur großflächigen Nutzung der Private Cloud übergehen will. Das deckt sich übrigens mit Aussagen des Global Head of Industry Solutions beim Datenbankspezialisten MongoDB, Boris Bialek, der der Finanzbranche dringend zur Multi-Cloud rät.

In der Fertigungsbranche wird die Public Cloud laut dem OutSystems-Report deutlich stärker genutzt als im Bankwesen, was auch unter Sicherheitsgesichtspunkten zu erwarten war. Die Private Cloud ist und bleibt in beiden Branchen der Favorit, gerade auch im Vergleich zum weltweiten branchenübergreifenden Durchschnitt. „Für Deutschland so wichtige Branchen wie Banken und Versicherungen sowie Fertigung bevorzugen für Ihre Kern-IT die private Cloud. Wenn es jedoch um Services und Applikationen in Richtung Kunde geht, kommt immer mehr die Public Cloud ins Spiel. Doch beiden gemeinsam ist die Cloud als Architekturmodell“, betont Christoph Volkmer, Regional Vice President EMEA Central bei OutSystems. „Es geht also stets um Schnelligkeit, Skalierbarkeit, Flexibilität und Kundenorientierung durch die schnellere Entwicklung und Bereitstellung von digitalen Services. Vor diesem Hintergrund ist die zunehmende Verbreitung von Cloud-nativer Entwicklung und -Bereitstellung nur der nächste logische Schritt.“

Christoph Volkmer, Regional Vice President EMEA Central bei OutSystems
Christoph Volkmer, Regional Vice President EMEA Central bei OutSystems
(Bild: OutSystems)

Das hat Auswirkungen auf die Anwendungsentwicklung: Gartner und IDC prognostizieren branchenübergreifend, dass 90 bis 95 Prozent der Anwendungen bis 2025 „Cloud-nativ“ sein werden. Die Cloud-native Applikationsentwicklung ist daher derzeit einer der wachstumsstärksten Trends der Tech-Branche. Der Begriff „Cloud-nativ“ bezeichnet in diesem Fall Apps, die die Vorteile einer Cloud-Computing-Infrastruktur nutzen: Flexibilität, Skalierbarkeit, Resilienz und Elastizität.

Fachkräfte wie immer verzweifelt gesucht

Cloud-native Applikationen versprechen also, die so wichtigen Herausforderungen wachsender Software-Backlogs, ständiger Applikationsänderungen, verschwendeter Entwicklungszeit und des Mangels an Entwicklern zu lösen. Deswegen werden für die Cloud-Entwicklung auch immer öfter Container-Tools von Docker und Kubernetes aber auch Container-as-a-Service (CaaS), angeführt von den AWS Elastic Container Service (ECS) und den AWS Elastic Kubernetes Service, eingesetzt. Aber der Umgang damit will gelernt sein.

Unternehmen suchen daher, dies ist nun wirklich kein Geheimnis, verzweifelt nach spezialisierten Fachkräften, um ihre Cloud-nativen Strategien umzusetzen. In der Untersuchung von OutSystems nennen die befragten Verantwortlichen 13 (!) verschiedene stark nachgefragte Rollen, von Backend-, Full-Stack- und Mobile-Entwicklern bis zu Enterprise-Architekten und -Designern. Cloud-Architekten gelten als besonders wichtig und daher begehrt.

Der Bitkom garniert den Fachkräftemangel mit Zahlen und berichtet uns, dass in Deutschland branchenübergreifend die freien Stellen für IT-Fachkräfte 2021 auf 96.000 gestiegen ist. Das sind 12 Prozent mehr als im Vorjahr, als quer durch alle Branchen 86.000 Jobs unbesetzt blieben. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Befragung von mehr als 850 Unternehmen aller Branchen. Viele Anwender (66 Prozent) erwarten, dass sich der IT-Fachkräftemangel in Zukunft weiter verschärfen wird.

„Die angespannte Situation auf dem IT-Arbeitsmarkt bremst die Digitalisierung. In Corona-Zeiten ist überall spürbar geworden, dass wir an Tempo zulegen müssen. Umso ernüchternder ist es, dass dafür an vielen Stellen Fachkräfte und Know-how fehlen“, so Bitkom-Präsident Achim Berg.

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Low-Code kann Fachkräfte entlasten

Anwender, die bereits seit Jahren auf die Cloud setzen, wissen, dass Low-Code-Plattformen die Herausforderungen der Cloud-nativen Entwicklung verringern können. Die meisten von ihnen nutzen bereits Low-Code und bewerten Low-Code-Plattformen in der Studie von OutSystems als „sehr gute“ oder „ausgezeichnete“ Tools für den Einstieg. Es handelt sich dabei um einen Ansatz für die Softwareentwicklung, der eine schnellere Bereitstellung von Applikationen mit einem Minimum an manueller Programmierung verspricht.

Und tatsächlich ermöglichen es Low-Code-Plattformen mit einer Drag-and-Drop-Schnittstelle als Herzstück, Anwendungen über grafische Benutzeroberflächen anstelle herkömmlicher Codierungsmethoden zu erstellen. Und zwar im von Joachim Berg geforderten erhöhten Tempo! Denn die Lösungen eignen sich auch für nicht-technisches Personal, da wenig bis gar keine Programmiererfahrung erforderlich ist. Dementsprechend können sich auch solche nicht-technischen Mitarbeiter am Entwicklungsprozess von Unternehmensanwendungen beteiligen, der u.a. Ideenfindung, Design, Implementierung und Bereitstellung umfasst.

„Manuelles Programmieren dauert angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland und der Dynamik und Kurzlebigkeit des Geschäfts viel zu lange. Das gilt auch für Cloud-native Entwicklung“, weiß Volkmer aus zahlreichen Kundengesprächen zu berichten. Denn hier seien die Programmbausteine zwar viel kleiner, ließen sich schneller aktualisieren, freigeben und bereitstellen und sogar wiederverwenden, aber es gebe auch ungleich mehr davon als im traditionellen Entwicklungsmodell. Er warnt: „Das führt zwangsläufig zu einer kaum beherrschbaren Komplexität. Außerdem müssen die Betriebsteams komplexe Umgebungen für Cloud-native Apps und Services implementieren, ausrollen und warten. Das alles führt wieder zu technischen Schulden und geht zu Lasten von Innovationen, dieselben Probleme wie in der traditionellen Entwicklung.“

Low-Code-Plattformen hingegen böten für diese Probleme eine grundsätzliche Lösung, vor allem dann, wenn sie sich mit einer Infrastruktur für den Betrieb Cloud-nativer Apps und Services wie zum Beispiel Kubernetes kombinieren lassen. Denn sie unterstützten die Entwicklungsteams mit visueller Programmierung, während sie den Programmcode automatisch und im Hintergrund erzeugten. Individuelle Änderungen, Anpassungen und Verfeinerungen des Codes seien dabei jederzeit möglich, sofern die Plattformen den direkten Zugriff darauf erlauben. Die Folge: „Entwicklungsteams arbeiten um ein Vielfaches schneller. Zudem tragen wir mit unserer Plattform dazu bei, dass in der Cloud-nativen Welt technische Schulden erst gar nicht entstehen. Das stärkt die Innovationskraft der Unternehmen, während Betriebs- und Entwicklungsteams dem Business voraus sind, anstatt ihm weiter hinterherzuhinken“, so Volkmer.

Manuelles Programmieren dauert viel zu lange. Das gilt auch für Cloud-native Entwicklung.

Die Anwenderfreundlichkeit und Geschwindigkeit der Technologie überzeugt immer mehr Anwender, was sich in den Prognosen der Marktforscher niederschlägt: Gartner zufolge wird Low-Code bis 2024 für mehr als 65 Prozent der Applikationsentwicklung verantwortlich sein. Laut Zahlen von Statista wird der globale Umsatz des Low-Code-Plattformmarktes im Jahr 2027 rund 65 Milliarden Dollar betragen, im Jahr 2020 waren es „nur“ rund 13 Milliarden Dollar.

Low-Code-Wissen muss deutlich ausgebaut werden

Während die Analysten weltweit einen starken Anstieg der Cloud-nativen Entwicklung vorhersagen, zeigt der Report von OutSystems auf der anderen Seite, dass Unternehmen noch enormen Nachholbedarf beim Einsatz von Low-Code-Plattformen aufweisen. Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) verfügt nach eigenen Angaben aktuell noch über kein umfangreiches Know-how.

Trotzdem gehen 72 Prozent der Befragten laut dem OutSystems-Bericht in Übereinstimmung mit den Prognosen der Fachleute davon aus, dass die Mehrheit ihrer Apps bis 2023 mittels Cloud-nativer Entwicklung erstellt wird. Dabei berichten die Vorreiter im Cloud-nativen-Bereich, dass speziell die Auswahl der richtigen Tools bzw. Plattformen und die architektonische Komplexität sehr große Herausforderungen darstellen. Unabhängig davon setzen sie ihre Hoffnungen auf die gewinnbringende Unterstützung durch Low-Code-Plattformen, denn sie haben damit bereits gute Erfahrungen gesammelt: Mehr als sieben von zehn befragten Vorreitern (72 Prozent) arbeiten schon länger mit Low-Code-Plattformen.

„Low-Code-Plattformen gehört die Zukunft. Denn nur sie ermöglichen Höchstleistungen in der Anwendungsentwicklung. Genau die brauchen aber die deutschen Unternehmen, wenn die digitale Transformation gelingen soll“, zeigt sich Volkmer überzeugt. Seiner Meinung nach ist das Leistungs- und Wertschöpfungspotenzial von Low-Code nicht nur das Ergebnis des visuellen Entwicklungsansatzes: „Das Programmieren mit Low-Code ist ungleich leichter und schneller zu erlernen. Mit geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen und unter Anleitung und Aufsicht ihrer Profi-Entwickler können die Unternehmen damit auch ohne zusätzliches Personal ihren Pool an Programmierern in der Cloud-nativen Welt vergrößern. Neben allen technischen Details ist diese Erkenntnis vielleicht sogar das wichtigste Stück Low-Code-Wissen, das sich die Unternehmen aneignen und verinnerlichen sollten.“

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