„Unerveränderliche“ Linux-Distributionen, Teil 3 VanillaOS – Immutable Linux auf solidem Fundament

Von Christian Rentrop 4 min Lesedauer

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Einfach nur Linux? Wohl kaum: Mit Vanilla OS gibt es ein Immutable OS, das gleichzeitig Entwickler und Normalnutzer anspricht. Es hat zahlreiche Produktivitätstools an Bord – und ist dank Container-Unterstützung hochflexibel einsetzbar.

Vanilla OS ist ein Ubuntu-Fork, mit Version 2 „Orchid“ ändert sich die Basis allerdings zu Debian Sid.
Vanilla OS ist ein Ubuntu-Fork, mit Version 2 „Orchid“ ändert sich die Basis allerdings zu Debian Sid.
(Bild: Rentrop / Vanilla OS)

Selten war Linux auf dem Desktop so schön wie mit Vanilla OS: Die Immutable Linux-Distribution ist ein Ubuntu-Fork und zielt auf „normale“ Desktop-Nutzer. An dieser Stelle sei allerdings bereits erwähnt, dass Vanilla OS v2 in Arbeit ist und auf Debian basieren wird, also noch weiter zu den Wurzeln zurückkehrt.

Vanilla OS möchte durch seine elegante, moderne GUI und hürdenarme Benutzbarkeit ehemalige User von MacOS und Windows für sich gewinnen. Laut der Projekt-Website von Vanilla OS ist es bestens für Produktivitätsanwendungen, Software-Entwicklung und Spiele geeignet. Gleichzeitig soll es „solide wie ein Fels“ sein, ohne auf Flexibilität zu verzichten.

Eierlegendes Wollmilch-Linux?

Das eierlegende Wollmilch-Linux also? Ja: Die Distribution mit Gnome-GUI macht vieles richtig, etwa durch die Unterstützung von Flatpak und AppImage, wodurch es ohne Aufwand möglich ist, Anwendungen zu installieren. Vanilla OS ist dank des eigenen Package-Managers apx in der Lage, Pakete im System containerisiert zu installieren, ohne das unveränderliche Basis-System zu beeinträchtigen.

Vanilla OS kommt mit nur wenigen vorinstallierten Anwendungen. Direkt beim ersten Start nach der Installation fragt VanillaOS nach den zu installierenden Basis-Applikationen, neben den Standard-Gnome-Apps etwa Office oder „typische“ Utilities wie Bottles oder Sound Recorder. Auch Timeshift für System-Snapshots und die OpenVM-Tools können direkt bei der Einrichtung hinzugefügt werden. Anschließend werden System und zusätzliche Software eingerichtet.

Kommandozeile bleibt nutzbar

Vanilla OS nutzt das Btrfs-Dateisystem mit geschützter Root-Partition. Das bedeutet, dass es hier wie bei allen Immutable-Linux-Varianten (nahezu) unmöglich ist, das System zu beschädigen. Gegenüber manch anderen Immutable-Linuxen hat Vanilla aber den Vorteil, dass sich trotzdem via Kommandozeile Software nachinstallieren lässt: Möglich wird das Mithilfe des speziell für diese Distri entworfenen Paketmanagers apx, der nachinstallierte Software einfach in einen Container packt.

Auf diese Weise verbindet Vanilla OS das Beste aus beiden Welten: Das Root-System ist geschützt, Linux-Kenner können aber trotzdem mit der Kommandozeile arbeiten. Damit das problemlos möglich ist, unterstützt Vanilla OS verschiedene Linux-Subsysteme als Shell, etwa Arch, Fedora, Alpine oder openSUSE. Für Entwickler ist das praktisch, da so „Distro Hopping“ vermieden werden kann.

Development-Tools per Flatpak

Da Vanilla OS sich zunächst sehr sparsam installiert, ist es natürlich sinnvoll, Entwicklertools nachzuinstallieren. Auch hier hilft apx, sofern nicht ohnehin das gewünschte Tool als GUI-Version per Gnome-Installer als Flatpak oder AppImage vorliegt. Gerade bei den Flatpak-Anwendungen ist die Auswahl jedoch riesig.

Wer hier nicht fündig wird, kann das Tool aber natürlich auch einfach per Kommandozeile installieren: apx kann nämlich mit dem Befehl „apx init“ andere Paketmanager wie apt, dnf, aur, apk, nix oder zypper aufrufen: „apx init --dnf neofetch“ etwa greift auf den dnf-Paketmanager von Fedora zurück, um eine Software ins VanillaOS-System zu holen.

Für weniger Linux-erfahrene Anwender ist diese Container-Packerei ein wenig unübersichtlich. So packt die Standard-Konsole von Vanilla OS die Anwendung in einen zur Linux-Variante passenden Container, der seinerseits erst aufgerufen werden muss, damit das Programm verwendet werden kann.

Atomische Updates mit ABRoot

Wie viele Immutable Linux-Distributionen aktualisiert sich auch Vanilla OS im Hintergrund selbst. Auch hier kommt eine „atomare“ Update-Option ins Spiel, die mit Hilfe des neuen Tools ABRoot erfolgt. Hierbei wird das System in zwei unabhängige Root-Dateisysteme getrennt, ABRoot sorgt dafür, dass diese untereinander kommunizieren können. Während das Update läuft, bleibt das alte System aktiv, erst wenn das neue System sicher funktioniert, wird es automatisch gegen das Alte ausgetauscht. Das System wechselt beim Neustart zur neuen Root-Partition. All das geschieht im Hintergrund.

Auch in Sachen Anwendungs-Updates und Hardware-Treiber ist Vanilla OS gut aufgestellt. Ab Werk besitzt es eine brauchbare Hardware-Erkennung. Sollen Treiber nachinstalliert werden, klappt das wie von Gnome gewohnt über das Info-Tab. Genau wie das System selbst versucht Vanilla OS, Treiber und Anwendungen im Hintergrund aktuell zu halten.

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Künftig kein Ubuntu mehr

Derzeit läuft Vanilla OS zwar auf Ubuntu-Basis, mit der derzeit als Alpha-Version erhältlichen Version 2 „Orchid“ kommt aber Debian Sid als Unterbau ins Spiel. Der Grund ist, dass Ubuntu an vielen Teilen seiner Distribution Änderungen vornimmt und etwa den Gnome-Desktop an die Bedürfnisse der Distribution anpasst, was für die Maintainer von Vanilla OS Mehrarbeit bedeutet.

Mit Umstieg auf Debian können die Entwickler auf das puristische Vanilla Gnome umsteigen. Ein weiteres Argument ist die Unabhängigkeit von Ubuntu selbst. Durch den Einsatz von Debian Sid wird eine „Verwaltungsebene“ entfernt. Vanilla OS kann direkt aus den Debian-Quellen heraus entwickelt werden.

Künftig planen die Entwickler aber noch weitere Änderungen: So soll künftig VSO als Shell zum Einsatz kommen, außerdem sollen mit Waydroid auch Android-Container im System eingesetzt werden können. Ein zusätzliches Nvidia-Release soll passend für Systeme mit entsprechender Grafikkarte angeboten werden. Albius – benannt nach Edmont Albius, der ein Verfahren zur Bestäubung von Vanille-Pflanzen entwickelt hat – soll als neues Installer-Backend für Vanilla OS zum Einsatz kommen.

Praktisch für Entwickler – und andere

Derzeit ist Vanilla OS durch die Ubuntu-Verknüpfung noch ein wenig eingeschränkt, spätestens ab Version 2 dürfte das System aber auf eigenen Füßen stehen. Bereits jetzt ist es eine für Normalanwender und Entwickler gleichermaßen attraktive Immutable Linux-Variante, die Freude macht.

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