Empfehlungen aus dem Thoughtworks Technology Radar Wichtige Makrotrends in der Informationstechnik

Autor / Redakteur: Mike Mason * / Stephan Augsten

Microservices, Machine Learning, Single Page Apps: Mit welchen IT-Technologien sollten sich Unternehmen wirklich befassen? Der ThoughtWorks Technology Radar nennt wichtige Handlungsfelder, die wir im Folgenden näher beleuchten.

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Welche Trends werden die IT nachhaltig prägen? ThoughtWorks wagt im Technology Radar einen Ausblick.
Welche Trends werden die IT nachhaltig prägen? ThoughtWorks wagt im Technology Radar einen Ausblick.
(Bild gemeinfrei: Melmak - Pixabay.com)

Zweimal jährlich präsentiert das ThoughtWorks Advisory Board den Technology Radar – eine Analyse zu Entwicklungen in der Welt der Unternehmenstechnologie. Wir befassen uns ausführlich mit Tools, Techniken, Sprachen und Plattformen und gehen in der Regel auf über hundert einzelne Themen (Blips genannt) ein, die wir als wichtig einstufen.

In der Software-Industrie gibt es ein wiederkehrendes Credo: Das Veränderungstempo wächst, Unternehmen müssen schneller reagieren – was heute gilt, ist morgen bereits überholt. In unserem Technology Radar wird das besonders deutlich: Immer häufiger sind wir gezwungen, Blips zugunsten neuer auszublenden, und immer mehr der neuen Blips überleben nur einen Radarzyklus, also gerade einmal ein halbes Jahr.

Unternehmen des 21. Jahrhunderts müssen sich also rasch an neue Technologien anpassen und sich diese aneignen, um überleben zu können. Der Technology Radar bestätigt die verkürzte Halbwertszeit des Wandels.

Evergreen-Architekturen

Continuous Delivery war ein zentraler Wegbereiter, um Software schneller produktiv zu machen, trägt aber auch bei evolutionären Architekturen Früchte. Mit einer Cloud-Plattform und soliden Automatisierungstechniken lässt sich Software-Architektur sogar wie Code behandeln – Infrastruktur, Netzwerke, Server, Services und Vernetzung werden alle über versionsgesteuerte Textdateien definiert und verwaltet.

Dadurch können Architektursprünge realisiert werden, die bislang schwierig oder unmöglich waren. Es ist möglich, laufend Teile eines Systems auszutauschen, bis alles erneuert wurde, um dann je nach Bedarf oder Strategie weiterzumachen. Einen unserer Kunden, einen großen europäischen Online-Händler, haben wir bei der Einführung von Continuous Delivery unterstützt und dann bei der Umstellung von Tomcat-gehosteten JAR-Dateien auf Mesos und schließlich zu AWS begleitet. Trotz der tiefgreifenden Änderungen verlief die Migration ohne Probleme.

Microservices mit uneingeschränkter Empfehlung?

Obwohl es dieses Architekturkonzept schon seit Jahren gibt, haben wir für Microservices nie die Empfehlung „Adopt“ im Technology Radar gegeben. So kennzeichnen wir Technologien, die ausgereift und in der Praxis erprobt sind und die wir bei passendem Kontext und Anwendungsfall uneingeschränkt empfehlen.

Zunächst ist festzustellen, dass Adopt nicht gleichzusetzen ist mit dem Rat „nur diese Lösung verwenden und keine Alternativen“. Nur weil wir uns zum Beispiel bei Clojure für Adopt ausgesprochen haben, heißt das nicht, dass alle anderen Programmiersprachen über Bord zu werfen sind. Wir haben Microservices absichtlich mit der Kennzeichnung Trial versehen. Dies bedeutet, dass wir mit dieser Technologie bereits viele positive Erfahrungen gemacht haben.

Wir halten es jedoch nicht für sinnvoll, ausschließlich mit Microservices zu arbeiten. Ein monolithisches IT-System in Microservices aufzubrechen ist sehr schwierig: Der richtige Zeitpunkt ist schwer zu bestimmen, die zugrunde liegende Plattform muss den Anforderungen genügen, und es bedarf ausgereifter DevOps-Praktiken. Microservices sind ein gutes potenzielles Ziel, aber der Weg dorthin dauert lang.

Oftmals ist es der Fall, dass Unternehmen den Monolithen aufbrechen und die Systeme verteilen, aber trotzdem keine Vorteile daraus entstehen. In erster Linie liegt dies daran, dass das Domain-Modelling ungeeignet ist und das Architekturkonzept von Microservices nicht richtig verstanden wurde: Es wurden lediglich kleine Services eingerichtet. Ungeachtet aller Vorbehalte haben sich Microservices in den vergangenen fünf Jahren als starker Trend in der Software-Architektur erwiesen und werden dies auch bleiben.

Verlangsamung bei Machine Learning?

In der aktuellen Ausgabe des Technology Radars reden wir nicht viel von Machine Learning (ML). Dass dieses Thema fehlt, ist selbst wiederum ein Thema. Machine Learning durchläuft den Gartner-Hype-Zyklus, vom „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ in das „Tal der Enttäuschungen“ zum „Plateau der Produktivität“. Genau das beobachten wir auf dem Markt und bei unseren Kunden.

Die Zeiten, in denen ein Durchbruch nach dem anderen kommuniziert wurde, sind vorbei. Die Anbieter widmen sich der Abrundung ihres Angebots (siehe das Blip TensorFlow Lite) oder schaffen ein solides Fundament für dessen Produktivnutzung. Die Unternehmen haben damit begonnen, die verschiedenen Proof of Concepts zu konsolidieren, die in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen sind – mit Tools, Plattformen und Services zum einen und den von den Medien sowie den Anbietern von Software und künstlicher Intelligenz überzogenen Erwartungen zum anderen.

Auf Unternehmens- und IT-Seite werden jetzt folgende Fragen erörtert: Wo verhilft AI dem Unternehmen zu welchem Vorteil? Welche Software, Tools und Plattformen sind für das Unternehmen die richtigen? Welche Kompetenzen müssen intern vorhanden sein oder eingekauft werden? Diese Fragen weisen den Weg in die richtige Richtung zum „Plateau der Produktivität“.

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