Betriebssysteme in der Industrie Was beim Einsatz von Android in der Industrie zu beachten ist

Von Hendrik Härter 5 min Lesedauer

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Wer Android als Betriebssystem in der Industrie einsetzen möchte, sollte sich im Vorfeld einige Fragen beantworten. Dazu gehören Themen wie Datensicherheit, Langzeitverfügbarkeit und Gerätemanagement.

Android als Betriebssystem: Sowohl in der industriellen Automation als auch im Automobil setzt sich Android durch. Ein Vorteil des Betriebssystems ist die schnelle Java-Programmierung von Anwendungen auf Basis von Android APIs.
Android als Betriebssystem: Sowohl in der industriellen Automation als auch im Automobil setzt sich Android durch. Ein Vorteil des Betriebssystems ist die schnelle Java-Programmierung von Anwendungen auf Basis von Android APIs.
(Bild: andrekheren / Pixabay)

Das Betriebssystem Android hat sich bei Smartphones und Tablets bereits etabliert. Im Drei-Monatszeitraum Januar bis März 2023 erzielte Googles Betriebssystem Android in Deutschland einen Marktanteil am gesamten Smartphone-Absatz von 68 Prozent, der Anteil von Apples iPhone betrug 34 Prozent. Das sagt das Branchenportal Statista.

Doch nicht nur im privaten Umfeld hat sich Android etabliert. In der Industrie ist Android ebenfalls angekommen. Was sich in der Logistik schon vor einigen Jahren als Standard etabliert hat, ist inzwischen auch in Key-Branchen wie Automotive oder der industriellen Automation erste Wahl: Intuitiv bedienbare, moderne Bedienerschnittstellen auf Android-Basis. Grundsätzlich ist Android ein Embedded-Betriebssystem. Damit ist es immer auf die jeweilige, spezifische Hardware ARM-CPU angepasst und läuft dementsprechend nur auf dieser einen Hardware.

Die Vorteile von Android in der Industrie

Zu den Vorteilen von Android gegenüber Linux für die Industrie gehört die leichte und schnelle Java-Programmierung von Anwendungen auf Basis von Android APIs statt hardwarenahe, aufwendige Linux-C-Programmierung.

Für mobile Anwendungen ist Android per se das geeignetere Betriebssystem, optimiert für Touchbedienung und lange Betriebszeit durch optimales Energiemanagement. Zudem setzen auch Entwickler von stationären Geräten und Anlagen auf das moderne Android als Bedienoberfläche und Betriebssystem. Unternehmen müssen sich strategisch entscheiden, welches Betriebssystem sie verwenden. Dazu sind einige Fragen bereits im Vorfeld zu beantworten.

Wie unterscheiden sich Android und Windows?

Der typische Entstehungsprozess eines Android-Geräts.
Der typische Entstehungsprozess eines Android-Geräts.
(Bild: ACD Elektronik)

Android ist grundsätzlich ein Embedded-Betriebssystem. Es ist daher immer an die jeweilige spezifische Hardware ARM CPU angepasst und läuft dementsprechend auch nur auf dieser Hardware.

Aus einem Open Source Code erstellt der Chiphersteller einen neuen Programmcode, den der Endgerätehersteller an sein spezifisches Gerät anpasst. Dies unterscheidet sich grundlegend von einem Windows-Desktop-System, das auf allen x86-kompatiblen Chipsätzen läuft und über Lizenzen verkauft wird. Mit diesen Lizenzen erwirbt man den entsprechenden Support. Dieser beinhaltet Updates und Sicherheitspatches während des Supportzeitraums.

Android hingegen ist kostenlos, weshalb man auch keinen Support und keine Wartung erwirbt. Dies wäre technisch auch gar nicht möglich, da jedes Android OS hardwarespezifisch ist.

Mit einem Open-Source-Produkt Geld verdienen

Die spannende Frage aus Sicht von Google ist, wie man mit einem Open-Source-Produkt Geld verdienen kann. Dazu hat sich Google einen Trick einfallen lassen, die Rezertifizierung GMS – Google Mobile Services, wohl ein Meilenstein in der Plattformökonomie. Bestimmte Zusatzdienste bekommt man als Nutzer nur, wenn man Lizenzbedingungen akzeptiert und bezahlt das Ganze mit seinen Daten – Dienste gegen Daten. Das funktioniert, weil die Dienste einen großen Mehrwert für den Endnutzer bieten, Stichworte sind Playstore oder Google Maps, und der Zugriff auf die Nutzerdaten als Privatnutzer weitgehend akzeptiert wird.

Zusätzlich gibt es das Label „Enterprise Recommended“. Dieses Label soll eine besondere Industrietauglichkeit garantieren. Die Hersteller verpflichten sich damit, drei Jahre lang Sicherheitsupdates zu liefern, also eine Art Selbstverpflichtung. Voraussetzung für das Label ist die GMS-Rezertifizierung. Ist dieser Ansatz für einen Industriekunden zufriedenstellend? In der Regel nicht, in der Regel wünscht man sich im industriellen Umfeld deutlich längere unterstützte Aktualisierungszeiten und vor allem die Hoheit über alle Daten.

Wie die Updates bereitgestellt werden

Patches sind Vertrauenssache. Bei Android-Geräten muss man prüfen, wer Hersteller eines Geräts oder Eigentümer des Android-Source-Code ist.
Patches sind Vertrauenssache. Bei Android-Geräten muss man prüfen, wer Hersteller eines Geräts oder Eigentümer des Android-Source-Code ist.
(Bild: ACD Elektronik)

Updates wie Sicherheitspatches oder Bugfixes sowie Upgrades auf eine aktuellere Android-Version sind hardware-spezifisch und können nur vom Hersteller bereitgestellt werden. Der grundsätzliche Ablauf ist wie im Bild illustriert. Der Hersteller prüft die monatlichen Updates des Open Source Projekts oder anderer Quellen und erstellt daraus den spezifischen Patch oder das neue Image, das dann an die eigenen Kunden in einem regelmäßigen Turnus verteilt werden kann.

Es gibt keinen Automatismus. Updates aus dem Open-Source-Projekt sind nicht ohne weitere Bearbeitungsschritte nutzbar, insbesondere wenn sie für eine ältere Android-Version eingesetzt werden sollen. Das ist für viele Kunden aus Logistik und Industrie sehr wichtig, da Industriegeräte nicht nach drei Jahren ausgetauscht werden sollen.

Es ist interessant zu wissen, wer der Hersteller eines Gerätes oder der Eigentümer des Android-Quellcodes ist. Gerade bei großen internationalen Marken ist der Hersteller des Gerätes meist ein asiatischer Zulieferer und nie die Marke selbst. Der mehrstufige Prozess kann funktionieren, aber Patches sind immer Vertrauenssache.

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Die Auswahl eines Android-Industrie-Gerätes

Drei wichtige Fragen sind bei der Auswahl eines Industrie-Gerätes auf Basis von Android zu beantworten:

1. Wie sicher sind meine Daten und wie ist es mit der Datensicherheit bestellt?

Wenn die Datensicherheit für meinen konkreten Anwendungsfall nicht entscheidend ist, ist der Einsatz eines GMS-zertifizierten Gerätes oder auch eines Smartphones ein möglicher Ansatz. Wenn Datensicherheit für mich sehr wichtig ist, ist ein Gerät ohne GMS in jedem Fall notwendig. Grundsätzlich gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Ich nutze ein Smartphone und akzeptiere die damit verbundenen Faktoren wie Datensicherheit, oder fehlende Langzeitverfügbarkeit.
  • Ich nutze ein GMS/Recommended Gerät und akzeptiere das.
  • Ich schotte mein Netz so ab, dass das Gerät nie einen Außenkontakt bekommt.
  • Ich nutze ein industrielles Android-Betriebssystem, das keine Google Dienste enthält.
  • Ich nutze ein GMS/Recommended Gerät und nutze zusätzlich einen GMS-Blocker, erzeuge also nachträglich ein industrielles Android-Gerät. Das wird von den großen Brands so praktiziert.

Für industrielle Anwendungen empfehlen wir den Einsatz eines expliziten industriellen Android-Betriebssystems wie Android-Industrial+ von ACD Elektronik oder ähnlicher Systeme, die frei von Diensten Dritter und nachweislich langfristig verfügbar sind. Gerade bei sehr preiswerten Geräten besteht das zusätzliche Risiko einer unkontrollierten Lieferkette des Herstellers, so dass diese Geräte oft schon ab Werk mit Schadsoftware infiziert sind, die wiederum nur dem Datenabzug dient.

2. Wie lange sind Updates und Upgrades verfügbar und wie lange möchte ich meine Android-Hardware nutzen?

Auch hier wird man im industriellen Umfeld mit Nutzungsdauern unter drei Jahren nicht erfolgreich sein. Hier sind zwei Dinge zu beachten: Zum einen die Verfügbarkeit der Hardware, zum anderen die langfristige Verfügbarkeit von Upgrades und Updates für das Betriebssystem auf dieser Hardware. Bevorzugt sollten Unternehmen ausgewählt werden, die ihre Hardwareplattform langfristig unterstützen, sowohl was die Reparatur der Geräte als auch den Austausch von sich ändernden Bauteilen und Komponenten betrifft.

Zum anderen sollte der Anbieter auch in der Lage sein, den Software-Support langfristig zu gewährleisten. Unsere Empfehlung ist immer der direkte Support und nicht ein mehrstufiges Verfahren, bei dem am Ende der eigentliche Dienstleister für Updates unbekannt ist. Und es sollte auch klar sein, dass es seriösen Support nicht zum Nulltarif gibt, also Finger weg von Billiganbietern.

3. Wie möchte ich meine Geräte verwalten?

In der Industrie verwaltet ein Administrator in der Regel nicht nur ein oder wenige Geräte, sondern eine größere Anzahl. Daher sind unterstützende Tools für Installation, Updates, Optimierung von Einstellungen ein wichtiges Differenzierungsmerkmal für die Entscheidung. Es ist daher genau zu prüfen, welche Tools der Anbieter mitbringt, wie gut sich die Geräte integrieren lassen und welche zusätzlichen Kosten dadurch entstehen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein MDM, ein Mobile Device Manager. Mit diesem können die Geräte direkt im Feld verwaltet oder Updates und Upgrades auf die Geräte aufgespielt werden. Verfügt ein Hersteller über kein eigenes Tool, muss auf Drittanbieter ausgewichen werden, was zum Teil mit deutlich höheren Kosten verbunden ist.

Dieser Beitrag stammt von unserem Schwesterportal Elektronikpraxis.

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