Krisengebeutelte Blockchain-Technologie, Teil 2 Gibt es Alternativen zur Blockchain?

Von Christian Rentrop 4 min Lesedauer

Durch Energiekrise, Krypto-Skandale und technische Realitäten wie Datenschutzprobleme hat die Blockchain-Technologie massiv an Ansehen verloren. Zwar hart Blockchain nach wie vor handfeste Vorteile – Entwickler sollten dennoch einen Blick auf die Alternativen werfen.

Blockchain, Blockchain, Blockchain: Kaum ein anderes Thema war vor dem KI-Hype derart beliebt, doch das scheint vorbei.
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Dezentrale Transaktionsketten galt eine ganze Weile als Lösung vieler Probleme in Sachen Währung, Verwaltung und Logistik. Allerdings sind vor allem die Kryptowährungen durch die Energiekrise samt der massiven Abstürze von Werten in Verruf geraten. Den Begriff „Blockchain“ haben sie dabei mitgerissen.

Während sich noch vor nicht allzu langer Zeit jedes Software-Produkt mit dem Buzzword „Blockchain“ verkaufen ließ, schlägt das Pendel derzeit eher in die andere Richtung aus. Entscheider und Investoren sind aufgrund der krisenhaften Entwicklungen, politischer Intervention und vieler größerer und kleinerer Skandale und Probleme eher skeptisch gegenüber Blockchains.

Grundsätzlich hat die Blockchain-Technik große Vorteile. Als dezentraler und manipulationssicherer Ansatz ist sie ideal, um etwa Lieferketten zuverlässig nachzuverfolgen. Auf der anderen Seite haben die stetig wachsenden, gigabytegroßen Blockchain-Dateien natürlich den Nachteil, dass ihre Verwaltung viel Energie verbraucht. Kommen Berechnungen hinzu, wie es etwa beim Proof-of-Work-Verfahren beim Bitcoin-Mining der Fall ist, steigt der Energieverbrauch exorbitant.

Jenseits der Krypto-Währungen spielt das aber keine so große Rolle, in der Logistik hingegen schon. Der Ressourcenverbrauch der Blockchain macht zum Beispiel ihren Einsatz im Internet der Dinge – und damit auch in Teilen der Logistik – schwer bis unmöglich.

Das bedeutet nicht, das Kryptowährungen und Blockchain-basierte Anwendungen tot wären. Etablierte Lösungen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Dennoch sollten Software-Entwickler nicht mehr damit rechnen, dass der Begriff „Blockchain“ bei Vorgesetzten und Kunden Freudenstürme auslöst. Grund genug, sich mit den Alternativen auseinander zu setzen.

Blockchain-Alternative: Tangle

Mit der Kryptowährung IOTA gibt es einen weiteren Ansatz, die Distributed-Ledger-Technologie in anderer Form umzusetzen. IOTA setzt nicht auf Blöcke, sondern auf Knoten eines sogenannten gerichteten azyklischen Graphen. Passend dazu heißt die zugrundeliegende Technik nicht „Tangle“, also „Gewirr“. Statt in kettenartiger Struktur werden die Blöcke untereinander „verkabelt“.

Die Verifizierung der Transaktionen erfolgt zwischen den Knotenpunkten mittels kleineren Proof-of-Work-Aufgaben, zudem gibt es mit dem sogenannten „Coordinator“ eine zentrale Instanz, die die Verfifizierungsqualität der einzelnen Teilnehmer des Tangles verwaltet. Dieser kann aber bei ausreichender Größe entfallen, allerdings ist IOTA damit kein wirklich dezentrales System.

Durch die im Vergleich zu Blockchain recht geringen Datenaufwände eignet sich die Technik übrigens auch für IoT-Anwendungen, ist aber auch leichter angreifbar. Dennoch kann die Technik in einigen Anwendungsbereichen durchaus als Blockchain-Alternative dienen und diese ersetzen.

Blockchain-Alternative: Hashgraph

Hedera Hashgraph ist eine dezentrale Blockchain-Alternative, die auf Energieeffizienz getrimmt ist. Sie verwendet weder Proof-of-Work noch Proof-of-Stake, sondern setzt auf die sogenannte asynchronen Byzantinischen Fehlertoleranz (AFBT). Zwischen den einzelnen Knoten im Netzwerk wird mit Hilfe des entsprechenden ABFT-Algorithmus ein Konsens erzeugt, der es erlaubt, die Transaktion zu validieren. Jeder Knoten besitzt dabei über eine eigene Kopie der Transaktionsdaten.

Überdies gibt es einen zufälligen „Gossip“ – also Geschwätz – zwischen den Knoten, der deren Validität stärkt oder senkt. Entsprechend hochwertige Knoten können Transaktionen validieren. Durch das Reduzieren der Proof-Ebene auf einen Proof-of-Authority ist das System schneller und effizienter als Blockchain, dabei aber ebenso manipulationssicher. Allerdings ist das Verfahren recht neu und muss sich in der Praxis noch bewähren.

Blockchain-Alternative: Holochain

Holochain trägt wie Blockchain die Kette im Namen und ist ebenfalls eine dezentrale Alternative zum klassischen Blockchain-Verfahren. Holochain wurde als Peer-to-Peer-Verfahren für Einsatzzwecke entwickelt, in denen die klassische Blockchain oder eine klassische zentralisierte Struktur nicht geeignet sind, etwa beim Datenaustausch und der Verifizierung zwischen Apps.

Im Grunde handelt es sich nach Auskunft der Macher um eine Kombination aus BitTorrent, Git und kryptografischen Signaturen. Dadurch ist das System im Grunde unendlich skalierbar und braucht nur relativ geringe Ressourcen. Holochain lässt sich durch seine flexible Struktur zudem an die Bedürfnisse der Anwendung anpassen und ist dabei sehr energieeffizient. Auch in Sachen Datenschutz ist die Technik der Blockchain überlegen: Da die Knotenpunkte nur die jeweils für sie relevanten Daten speichern, ist es schwieriger, etwa eine Transaktionshistorie zu erstellen.

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Directed Acyclic Graph: Blockchain ohne Blöcke

Der Directed Acyclic Graph oder kurz DAG ist eine alternative Art und Weise, Transaktionen in einem Distributed-Ledger-Verfahren abzuspeichern. Statt der Block-Ketten gibt es sogenannte Knoten und Kanten, wobei letztere die ersteren verbinden.

Die Kanten haben eine Richtung, wodurch sie nur in einer Richtung „befahrbar“ sind. Gleichzeitig sind Schleifen – also die Rückkehr an den Ausgangspunkt – untersagt. Dadurch entstehen einmalige Graphen, die ihrerseits die Validierung und Organisation der Daten ohne aufwändige Mining-Prozesse erlauben. Gleichzeitig bestätigen die einzelnen Knotenpunkte – jeder gewichtet – die Transaktionen.

Es muss nicht immer Blockchain sein

Die hier gezeigten Blockchain-Alternativen belegen vor allem, dass Distributed-Ledger-Verfahren auch ohne eine Blockchain zu bewerkstelligen sind. Inwieweit sich die zum Teil noch sehr neuen Verfahren gegenüber klassischen Blockchain-Anwendungen durchsetzen, hängt von ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit und der Akzeptanz durch Blockchain-müde Unternehmen und Anwender ab.

Die hier genannten Verfahren sind im allerdings auch nicht das Ende der Fahnenstange: Die Krisen 2022 haben bewiesen, dass die vielgerühmte Blockchain nur der Beginn einer langen Kette von Registerverfahren für Software, IoT, Finanzsektor, Kryptowährungen und Logistik sein dürfte. Und wer weiß: Vielleicht ist die nächste Alternative bereits irgendwo in der Entwicklung und wartet nur darauf, die klassische Blockchain abzulösen.

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