Webentwicklung mit ChatGPT und Google Bard, Teil 2 Kann ChatGPT ein WordPress-Plug-in entwickeln?

Von Christian Rentrop 6 min Lesedauer

Die AIs ChatGPT und Google Bard können in gewissen Grenzen bei der Webentwicklung helfen. Im Rahmen dieser Serie testen wir, was geht – und was nicht. Schafft KI bereits die Entwicklung von WordPress-Plug-ins? Wir loten die Grenzen aus.

Das Ergebnis ist ein schmucker Blindtext-Generator per Shortcode, der praktisch aber wenig sinnvoll ist.
Das Ergebnis ist ein schmucker Blindtext-Generator per Shortcode, der praktisch aber wenig sinnvoll ist.
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eBook KI-Assistenten für Entwickler
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Wenn es um Webentwicklung geht, führt oft kein Weg an WordPress vorbei: Das längst zum CMS herangereifte Blog-System ist gleichermaßen beliebt bei Unternehmen und Privatanwendern, und das aus gutem Grund: Es gibt eine breite Entwicklergemeinde und zahllose Plug-ins für nahezu jeden Einsatzzweck.

Web Developer mit kreativen Ideen für WordPress sind deshalb gefragt – und es wäre gut möglich, dass ChatGPT und Google Bard sie dabei unterstützen können. Der erste Teil der Serie hat gezeigt, dass einfache Websites kein größeres Problem für die KIs darstellen – doch wie sieht es mit komplexeren Funktionen wie WordPress-Plug-ins aus?

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Prinzipiell ist ein simples „Hallo-Welt“-Plug-in ist ein Kinderspiel, und zwar in beiden Diensten: ChatGPT mit GPT-4 ist zum Beispiel aus dem Stegreif in der Lage, ein „Hallo Welt“-Plug-in zu bauen, das per Shortcode den Text „Hallo Welt“ einfügt und sich an WordPress-Konventionen hält. Das ist natürlich kein aufwändiges Coding, tatsächlich besitzt die ganze von ChatGPT ausgegebene Funktion nur vier Zeilen.

Aber das Plug-in funktioniert, nachdem der Text in eine PHP-Datei kopiert und ins Plug-in-Verzeichnis hochgeladen wurde. Anders Google Bard: Der mit der gleichen Bitte an die KI generierte Code ist übermäßig komplex – und hält sich nicht an WordPress-Standards wie die Plug-in-Informationen. Kurzum: Bard weiß nicht wirklich, was ein WordPress-Plug-in ist.

Lorem-Ipsum-Generator mit wenigen Anfragen

Genau deshalb greifen wir im Folgenden nur noch auf GPT-4 zurück. Auf Basis des Hallo-Welt-Plug-ins ließe sich zum Beispiel ein einfacher Lorem-Ipsum-Generator bauen. Eine gute neue Übung wäre, ein Plug-in zu schreiben, das automatisch per Shortcode Blindtext generiert: Lorem Ipsum Dolor, plus Angabe im Shortcode, wie lang der Schnipsel sein soll.

Tatsächlich generiert GPT-4 mit nur einer Anfrage auch ein solches Plug-in. Genau wie das erste Plug-in hält es sich an die Konventionen und lässt sich problemlos installieren. GPT-4 liefert auch gleich eine Anleitung mit, der Shortcode [blindtext-generator] wird mit dem Attribut „laenge“ auf die gewünschte Wortzahl getrimmt, also etwa [blindtext-generator laenge=250] für 250 Worte.

Webentwicklung mit ChatGPT und Google Bard

Leider bleibt es aber bei 69 Worten, weil der von GPT gewählte Blindtext-Schnipsel genau diese Länge hat. Kürzere Werte – etwa 30 – sind kein Problem. Daher stellen wir eine kurze Rückfrage bei GPT-4 – und schon ergänzt die KI das Plug-in mit der benötigten Schleife, um den gewählten Lorem-Ipsum-Schnipsel zu wiederholen.

So weit, so einfach. Bei hohen Werten sieht das aber nicht besonders attraktiv aus, weshalb wir GPT noch bitten, Absätze einzufügen und den Basis-Blindtext ein wenig zu verlängern. Das Ergebnis kann sich bereits sehen lassen: Mit nur 3 GPT-Anfragen können wir jetzt innerhalb von WordPress beliebigen Blindtext per Shortcode einfügen – und GPT-4 hat diese Aufgabe mit Bravour bestanden.

Verschiedene Blindtext-Typen? Kein Problem …

Es geht sogar noch besser: Eine weitere Nachfrage sorgt dafür, dass das Plug-in die Auswahl zwischen verschiedenen Blindtext-Typen – etwa Lorem Ipsum, Franz im verwahrlosten Taxi oder dem englischen Pangramm „The quick brown fox jumps over the lazy dog“ – erlaubt.

Hierfür ergänzt GPT-4 einfach den Shortcode um Optionen – und schreibt die Blindtexte direkt in den PHP-Code. Wie gehabt liefert die KI auch gleich eine „Bedienungsanleitung“ mit: Mit den Attributen „art“ und „laenge“ erlaubt das Plug-in jetzt nicht nur die Auswahl eines von vier Blindtexten, sondern auch die Ausgabe der gewünschten Länge.

Beim Check tut sich gleich ein Bug auf: Bei einer angegebenen Länge spuckt das Plug-in tatsächlich nur 270 Wörter aus. Das fehlende Zehntel – bei anderen Längen der gleiche Faktor – lässt sich nur über einen Rechenfehler seitens des Codes erklären. Mit dem Debugging kommt GPT-4 nun aber deutlich ins Straucheln. Die Bitte um erneute Nachbesserung erzeugt eine seltsame Aussage über 100 Wörter, nach denen angeblich ein Absatz erfolgen soll – hiervon war bislang eigentlich keine Rede.

GPT beginnt also schon an diesem Punkt zu halluzinierten. Immerhin: Mit einigen kurzen Gegenfragen und Vorschlägen lässt sich das Tool wieder aus seiner kleinen Psychose herausholen – und liefert tatsächlich das gewünschte Ergebnis inklusive korrekt gezählter Worte und Absätze.

... solange es einfach bleibt!

Doch was tun mit diesem Plug-in? In der vorliegenden Form ist es noch nicht besonders sinnvoll, da es schlicht Blindtext innerhalb von Posts ausgibt. Praktisch für die Erstellung von Mockups, aber dafür müssten Seiten und Posts automatisch erstellt werden. Es wäre also sinnvoll, wenn das Plug-in einerseits selbstständig Beiträge und Seiten anlegen würde – und sie außerdem auf Wunsch mit Bildern versähe.

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Für letzteres bedarf es aber nicht nur Backend-Funktionen, sondern auch des Zugriffs auf Bilder, die das Plug-in zunächst zufällig aus der WordPress-Mediathek ziehen soll. Die recht komplexe Anfrage nimmt GPT-4 an und versucht sein Glück, allerdings mit wenig Erfolg: Die KI versucht zunächst, uns ein Plug-in zu verkaufen, das bei Aktivierung automatisch 10 Beiträge und 5 Seiten erstellt.

Das funktioniert, ist aber nicht, was wir brauchen. Außerdem soll das Plug-in einige Backend-Optionen besitzen, statt automatisch einfach bei Aktivierung loszulegen. Wir versuchen, der KI genau das zu vermitteln – allerdings ohne Ergebnis. Der gewünschte Code enthält keine Blindtexte mehr, zudem verursacht das Plug-in schwerwiegende WordPress-Fehler.

Mit jedem Versuch des Bugfixings stolpert die KI ein wenig mehr: Egal, welche An- und Hinweise wir zur Verbesserung geben, GPT-4 verschlimmbessert den Code bis zu einem Punkt, an dem der er keinen Sinn mehr ergibt.

Grenze ausgelotet: GPT scheitert am Backend

Also noch einmal von vorne. Um alte Code-Schnipsel aus dem Gedächtnis zu entfernen, sagen wir dem Tool, dass wir von vorne beginnen wollen. Wir sagen GPT-4 nun, dass es zunächst ein Backend-Plug-in schreiben soll, das automatisch eine gewünschte Zahl an Posts und Seiten generiert.

Von hier aus wäre es theoretisch möglich, das Plug-in auf Basis des Shortcode-Blindtextes weiter aufzubauen. Das Ziel wäre am Ende möglicherweise die Generierung kompletter Blogs zu bestimmten Themen samt Beiträgen und Bildern direkt über GPT-4. Leider scheitert GPT-4 nicht nur hieran, sondern auch an allen folgenden Anweisungen und Korrekturversuchen.

Webentwicklung mit ChatGPT und Google Bard

Egal, was wir versuchten – es war nicht möglich, der generativen KI ein funktionierendes Backend-Plug-in für WordPress zu entlocken und mit Optionen zu versehen. Das gewünschte Mockup-Plug-in, das auf Wunsch Seiten mit Blindtext und Zufallsbildern erstellt, bleibt also via KI-Unterstützung zunächst ein Traum.

Zum Glück gibt es aber zumindest für den Blindtext samt Bildern bereits entsprechende Plug-ins, etwa WP Dummy Content Generator von Deepak Anand. Und auch die automatische Generierung von Content gibt es bereits Plug-ins, etwa die AI-Tools für WordPress.

Keine Sorge, WordPress-Entwickler

GPT-4 hinterlässt beim Versuch der WordPress-Entwicklung per KI einen zwiespältigen Eindruck: Einfache Plug-ins sind kein Problem für die KI, wenn GPT nur richtig gefragt wird. Anders sieht es aus, wenn die Künstliche Intelligenz mit komplexeren WordPress-Wünschen konfrontiert wird. Hier scheitert sie auf ganzer Linie.

Der Grund dafür ist – wieder einmal – das Problem, dass selbst ausgefeilte LLMs wie GPT-4 nicht wirklich intelligent sind: Sie verstehen nicht wirklich, was der User möchte, sondern reagieren schlicht auf Eingaben. In unserem Fall erstaunlich war, dass bereits zu einem frühen Zeitpunkt KI-Halluzinationen einsetzten, die sich jedoch korrigieren ließen.

Bei einfachen Aufgaben empfiehlt sich generative KI nichtsdestotrotz als sehr praktischer Helfer, der lästiges Coding unnötig macht. Für komplexere Aufgaben sind nach wie vor Menschen die besseren Ansprechpartner.

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